✍️ Willkommen in der Zukunft (oder auf dem Weg dahin)
Montag, der 7.7.2025. Mein Smart Meter wird eingebaut. Ja, wirklich. 2025. Ich gehöre zu den sogenannten Pflichteinbauten. Kein Wunder, da mein Stromverbrauch mit 2 Haushalten hinter dem Zähler, E-Auto und Wärmepumpe den 6.000 kWh-Rahmen locker sprengt.
Angekündigt wurde das Ganze bereits im Januar mit den Worten „in den nächsten Monaten“. Damals habe ich noch geschmunzelt. Inzwischen ist Sommer, das Jahr ist zur Hälfte rum – und mein technikbegeistertes Herz hat fast schon resigniert.
Aber gestern war tatsächlich der Tag, an dem mein Stromzähler endlich ein kleines bisschen intelligenter wird. Ich bin aufgeregt wie ein Kind an Weihnachten – und gleichzeitig ein wenig fassungslos, dass wir in Deutschland für sowas fast ein Jahrzehnt länger brauchen als der Rest der Welt.
Dabei ist das hier eigentlich nur der erste Schritt. Denn für echte Smartness fehlt ja noch die Steuerbox – das Gerät, das irgendwann mal Lasten dynamisch steuern, Tarife berücksichtigen und mit dem Netzbetreiber sprechen soll. Bis dahin ist das hier eher ein smarter Zähler mit starkem Hang zur Introvertiertheit, auch wenn er die Grundlage dafür ist, dass Tibber nun tatsächlich stundengenau im Bilanzkreis abrechnen kann. Vorher war das für Tibber selbst ja ein schlechtes Geschäft, da sie trotz deren Pulse ja weiterhin ein Standardlastprofil einkaufen mussten…
Was also genau passiert, wie der Einbau abläuft, und was ich als „erwachsenes Spielkind“ daraus mache… das erzähle ich hier.
⚡️ Was ist eigentlich ein Smart Meter?
Ein „Smart Meter“ klingt erstmal nach etwas, das dein Zuhause klüger macht – wie ein sprechender Thermostat oder ein Kühlschrank, der selbst Joghurt bestellt. Tatsächlich ist es im Kern aber erstmal nur ein digitaler Stromzähler. Also: kein WLAN-fähiges Wunderding, keine Alexa für die Steckdose, sondern… na ja, ein Kasten mit Display und Modem.
Was macht ihn „smart“?
Nun ja – anders als die alten Ferraris-Zähler mit drehender Scheibe, kann ein Smart Meter den Stromverbrauch zeitgenau aufzeichnen und automatisch übertragen. Das heißt: Keine Ablesetermine mehr, keine Zettel im Briefkasten mit „Bitte Zählerstand melden“, keine kryptischen Zahlenreihen auf schlecht belichteten Fotos.
Datenübertragung läuft dann über ein integriertes Kommunikationsmodul – oft via Mobilfunk, teils über Powerline oder andere Wege ins große, dunkle Netz.
Und was kann ich davon sehen?
Im besten Fall: erstmal nichts. Der Smart Meter sendet Daten an den Messstellenbetreiber. Bei Tibber kann man die Daten des Vortages dann stundengenau sehen und bald auch Viertelstundengenau. Hat man einen Fixpreistarif, sieht man erstmal… nix…
Der Smart Meter ist also gewissermaßen wie ein Smartphone ohne Bildschirm, Apps und Internet. Es ist zwar digital – aber der eigentliche Nutzen? Für den Stromkunden ändert sich nichts, für den Energielieferanten aber die ganze Welt…
Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass erst durch den Smart Meter auch eine Steuerbox möglich wird und damit die Einbindung wirklich smarter Geräte oder die Nutzung variabler Netzentgelte und steuerbarer Verbraucher. In Zukunft also eine bessere Auslastung vorhandener Infrastruktur und damit dann (hoffentlich) auch eine Senkung der Kosten.
🔍 Moderne Messeinrichtung (mME) ≠ Smart Meter ≠ intelligentes Messsystem (iMSys)
Wer sich ein bisschen mit der Materie beschäftigt (oder das Pech hat, in einem Förderprogramm für steuerbare Verbraucher zu stecken), stolpert schnell über die Begriffe „moderne Messeinrichtung“ – kurz: mME und „intelligentes Messsystem“ – kurz: iMSys. Und nein, das sind keine Marketing-Buzzwords, sondern tatsächlich gesetzlich definierte Kategorien.
Klingt erstmal alles irgendwie „smart“, oder? Willkommen in der wunderbaren Welt der deutschen Energiebürokratie, wo es für alles eine genaue Definition gibt – und jede mindestens eine Fußnote im Gesetz hat.
Moderne Messeinrichtung (mME)
Das ist der Einstieg in die digitale Welt der Stromzähler. Eine mME ist ein digitaler Stromzähler ohne Kommunikationsmodul. Er kann:
- den Stromverbrauch elektronisch erfassen,
- Verbrauchswerte der letzten 24 Monate anzeigen (lokal am Display),
- das alles aber nicht von selbst übertragen.
Er ist quasi das digitale Äquivalent zum klassischen Ferraris-Zähler – hübscher, genauer, aber stumm wie ein Fisch. Ein ganz wichtiger Punkt ist aber: Die moderne Messeinrichtung hat einen kryptographischen Schlüssel, aber keine genaue Uhrzeit. Und ohne die genaue, gesetzliche Zeit, ist es unmöglich einen eichrechtskonforment Verbrauchswert zu generieren und zu übermitteln. Das ist das Problem, das Tibber hat und weswegen die wenigen dynamischen Stromtarifanbieter auch so vehement beim Rollout anschieben…
Smart Meter
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist oft einfach jeder digitale Zähler ein „Smart Meter“. Streng genommen ist das aber irreführend. In Deutschland ist mit „Smart Meter“ häufig auch schon die moderne Messeinrichtung gemeint, obwohl sie gar nicht kommunizieren kann. Smart ist daran also maximal das LC-Display.
Intelligentes Messsystem (iMSys)
Das ist das, worauf wir alle warten – oder besser gesagt: warten sollen.
Ein iMSys besteht aus:
- einer modernen Messeinrichtung plus
- einem Smart Meter Gateway (SMGW), also einer zertifizierten Kommunikationsschnittstelle.
Dieses Gateway kann:
- Messdaten sicher und eichrechtskonform übertragen (z. B. an Netzbetreiber oder Portal),
- Steuerbefehle empfangen (z. B. „Wallbox runterregeln“),
- und sich in eine smarte Steuerlandschaft einfügen, wie sie im § 14a EnWG vorgesehen ist.
🔧 Der Einbau in meine Zählersäule
Tja, hier wollte ich ein paar nette Bilder zum Einbau meines Smart Meters posten und vielleicht auch ein paar Einblicke hinter den Zähler bieten, aber es scheint, als hätten die Ninja-Paketboten auf Elektriker bei den Stadtwerken umgeschult. Du kennst sie sicher auch… Die „wir haben sie nicht angetroffen“-Sendungsbenachrichtigungen in Deinem Briefkasten und selbst auf der Überwachungskamera findet sich kein Hinweis auf den Überbringer der Nachricht.
Da mein Zähler in einer Säule vor dem Haus untergebracht ist und diese mit zwei Schlusseln geöffnet werden kann (sowohl ich, als auch die Stadtwerke besitzen einen), ging das völlig ohne mein Zutun und ohne bei mir klingeln zu müssen. Ich selbst habe also vom Tausch und dem neuen Gerät erst erfahren, als die Fachleute längst über alle Berge waren… Nicht einmal eine kurze Unterbechung der Stromversorgung war wahrnehmbar (dank BKE – Befestigungs- und Kontaktiereinrichtung)…
Angekündigt hatten sich die ESTW für 8:00-15 Uhr. Um 10:20 Uhr bekam ich die erste Meldung, dass Tibber keine Daten mehr empfängt… Klar, den Tibber Pulse Lesekopf hatten die Monteure zwar wieder magnetisch an die optische Schnittstelle angeheftet, aber der neue Zähler war ja noch nicht freigeschalten und schickte keine Daten 🙁
Auch nach dem Freischalten des Zählers kommt natürlich – nichts. Die Zählernummer hat sich ja geändert (weil die moderene Messeinrichtung ebenfalls getauscht wurde) und nun warte ich darauf, dass sich bald was in der Tibber App tut. Eventuell muss ich die ganze Einrichtung der Bridge und des Pulse nochmals machen…
🔮 Wie geht’s weiter…?
Nun, der erste Schritt ist getan. Die PIN für die Freischaltung habe ich mir auch gleich besorgt, den Zähler freigeschaltet und den Datenfluss überprüft. Nun warte ich darauf, dass Tibber die Umstellung in deren Backend vornimmt. Außerdem habe ich auch mit einem netten Techniker unserer Stadtwerke telefoniert, wann denn mit der Steuerbox zu rechnen ist. Etwas frustriert meinte der: „2026 müssen wir ja… das wird harte Arbeit…“.
Die Stadtwerke kämpfen also an vielen Ecken und Enden und bekommen vom Gesetzgeber ständig neue Aufgaben und Pflichten übertragen, die es gilt umzusetzen. Einerseits ist es ja schön, dass man einen lokalen Versorger hat und (meist) nicht bei riesigen Konzernen betteln muss, andererseits ist diese Kleinteiligkeit auch nicht unbedingt sehr effizient…